Die Deutschen sparen gern. Auch beim Wasser im eigenen Badezimmer. Dass dies anderen Nationen stinkt, weiß unsere Lieblingsrussin genau. Und besonders sinnvoll ist diese Sparvariante eigentlich auch nicht.
Einmal habe ich im Bus bei einem Gespräch zugehört. Ich konnte gar nicht anders, denn es ging um Ausländer und Deutsche, mein Lieblingsthema. Zwei Frauen unterhielten sich über den Austauschstudenten aus den USA, den eine der beiden in ihre Familie aufgenommen hatte. Der Gast schien ein unmöglicher Typ zu sein, denn die Gastmutter war ganz aufgeregt. „Stell dir vor, der duscht jeden Tag!“, sagte sie. Auch für die andere war dies offenbar ein schlimmer Fehler. „Was das alles kostet!“, pflichtete sie bei. Dann schaute die Frau mich komplizenhaft an. Ich sollte das Verhalten des Studenten auch kritisieren.
Aber ich wurde nur rot. Ich fühlte mich ertappt, in einer Sekunde als Ausländerin identifiziert, auf den Scheiterhaufen geworfen – für das tägliche Duschen und den Schaden, den ich Deutschland damit zufüge. Von der Umwelt und dem Klima weltweit ganz zu schweigen. Ich schaute schnell weg und überlegte, wie viele Menschen in diesem Bus wohl an diesem Morgen geduscht hatten. In meinem Kopf malte ich Plakate mit einem Rotarmisten, der mit dem Finger auf den Menschen vor ihm zeigt und schreit: „Hast du heute schon aufs Duschen verzichtet?“
Wie Untersuchungen zeigen, verbringen die Deutschen im internationalen Vergleich tatsächlich am wenigsten Zeit im Bad. Das glaube ich sofort, denn die Optimierung des Duschverhaltens ist ein Dauerthema im deutschen Internet. Dabei sind neben Kosten und Klimaschutz auch gesundheitliche Aspekte wichtig. Es stellt sich nämlich die Frage: Ist tägliches Duschen überhaupt gesund?
Deutsche Ärzte erklären, dass man höchstens alle zwei bis drei (!!!) Tage duschen sollte. Damit die Haut keinen Schaden durch Austrocknen nimmt. Was dann die Menschen in der Umgebung des Sparduschers tun sollen, damit ihre Nase keinen Schaden nimmt, sagen sie leider nicht. Menschen, die eigentlich ganz normal wirken, empfehlen sich gegenseitig in Foren Sparduschköpfe, um den Wasserverbrauch zu reduzieren. Und das Abstellen des Wassers beim Einseifen. Brrrr.
In meinem Haus wird die Wasserheizung ab Mitternacht einfach komplett abgeschaltet. Wehe dem, der es wagt, nachts duschen zu wollen. Beim Thema Duschen ist die Freiheit des Einzelnen nicht mehr wichtig. Der WG-Mitbewohner meines Mannes schaltete den Boiler schon morgens ab, immer bevor er das Haus verließ. Wenigstens mussten nicht alle Mitbewohner im gleichen Badewasser baden, wie das noch in den 70er-Jahren üblich war. Immer nur samstags.
Klar auch, warum „Warmduscher“ in Deutschland ein Schimpfwort ist. Meine Schulfreundin aus Moskau, die einen Deutschen geheiratet hat, beschwerte sich: Das Wasser in der Badewanne ist immer lauwarm, egal, wie stark sie das heiße Wasser aufdreht. Abends war ihr in ihrer neuen Heimat nämlich immer kalt. Sich in der Badewanne aufzuwärmen, schien ihr die beste Lösung zu sein. So kannte sie es von zu Hause. Während sie mit dem Wasserhahn kämpfte, starb ihr Mann Zehntausende Tode vor dem Strom- und Wasserzähler. Eines Tages stellte sie ihm ein Ultimatum: Entweder sparen – oder ich! Er drehte den Wasserboiler auf.
Er kann allerdings unbesorgt sein: Wassersparen ist gar nicht so gut für Deutschland. Die Leitungen werden nicht richtig durchgespült, es bleiben Rückstände. Das macht sie kaputt. Also: Proletarier aller Länder, duscht euch!
Quelle:
Deutsch perfekt 3/ 2017
Alia Begisheva
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Aufgaben
1. Nennen Sie bitte zweiteilige Konnektoren.
Finden Sie ein Beispiel im Text.
2. Beantworten Sie bitte die Fragen.
- In welchem Land verbringt man am wenigsten Zeit im Bad?
- Welche Aufforderung stellte die Freundin von der Autorin an ihren Mann ( der Mann der Freundin)?
- Ist es gut für Deutschland Wasser zu sparen?
3. Finden Sie im Text ein Schimpwort. Kennen Sie die Wörter, deren Bedeutung unten geschrieben ist?
- ...ist jemand, der dutch sein Verhalten und seine Dummheit die ganze Spezies an der Weiterentwicklung hindert.
- Es wird mit Gedanken jongliert und man erreicht dabei nur Nonsens anstatt einen Konsens.
- Man kann in allen Lebenslagen verwenden, wenn jemand beleidigt werden soll.